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14.01.24 –
Gerade zum Jahreswechsel lohnt sich ein etwas weiterer Blick nach vorne. Wichtig sind dabei die großen Linien der Veränderung, um sich für die nahe Zukunft ausrichten zu können. Eine wichtige Entwicklung ist die Dekarbonisierung, also die Abkehr von klimaschädlichen, fossilen Brennstoffen.
Gastbeitrag von Thomas Gomminginger, Vorsitzender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ortsverband Nussloch.
Die treibenden wissenschaftlichen Fakten sind bekannt: Der jahrzehntelange Anstieg an erderwärmenden Treibhausgasen, zunehmende Extremwetterphasen (Hitze, Dürre, Waldbrände, Stürme, Starkregen, Überschwemmungen, Ernteausfälle), auftauende Permafrostböden, schmelzende Eisflächen, … – und nun das neue Wärmerekordjahr 2023. Die Institutionen sind daher zunehmend gezwungen, konsequenter zu handeln: Die Weltstaatengemeinschaft mit internationalen Klimaschutzabkommen und die EU sowie Deutschland mit verbindlichen Klimaschutzgesetzen.
Dementsprechend ist schon länger klar, wohin die Reise geht. Zur Wegbeschreibung gehören der 2020 beschlossene Kohleausstieg (2038, nun beschleunigt 2030-2035), die Einführung einer ansteigenden Bepreisung von klimaschädlichem CO2, die europaweite Einbeziehung des Verkehrs- und Gebäudebereiches in den CO2-Emmissionshandel ab 2027 sowie das Verbrenner-Aus ab 2035 (EU), die Stilllegung von Öl- und Gasheizungen in 2040 und die Klimaneutralität bis 2045 (Deutschland) bzw. 2050 (EU).
So verändert sich Vieles vom Abstrakten zum Konkreten. Nehmen wir exemplarisch den CO2-Preis als Lenkungsinstrument. Die letzte Bundesregierung (CDU/CSU, SPD) hat 2020 den heutigen Preispfad je Tonne CO2 festgelegt: 2021 € 25, 2022 € 30, 2023 € 35, € 2024: € 45, 2025 € 50 und 2026 bis zu € 65.
Der CO2-Preisaufschlag steigt also und beträgt dieses Jahr beim Heizöl 13 Cent/L (12 % von rund € 1,10/L), beim Gas 1 Cent/kWh (8 % von ca. 12 Cent/kWh) und an der Tankstelle 12 Cent/L (7 % von rund € 1,80/L). Das nach 2021 insgesamt höhere Energiepreisniveau (Ukraine-Krieg, Inflation, CO2-Preis) zeigt bereits Wirkungen durch Verbrauchsreduzierungen (Energiesensibilität), Mobilitätsveränderungen (s. Erfolg Deutschland-Ticket, Neuzulassungszahlen E-Autos, Radverkehr) und zielgerichtete Investitionen (u. a. Gebäudesanierungen, PV, Stromspeicher).
Ab 2027 ist die CO2-Preisentwicklung über den sektorenübergreifenden EU-Emissionshandel (Marktpreise) nicht mehr kalkulierbar. Zwei Dinge sind jedoch bekannt: 1. Der Marktpreis lag 2023 zwischen € 70 und € 100, also bereits 2-3mal höher als der politisch festgelegte Preis. 2. Durch die jährliche Verknappung der Verschmutzungsrechte wird der Preis stetig steigen. So wird in Europa u. a. der Betrieb von klimaschädlichen Kohlekraftwerken, Öl-/Gasheizungen und Verbrennungsmotoren sukzessive unwirtschaftlicher. Dazu ein Beispiel: Sobald der Spritpreis dauerhaft über die € 2-Marke springt, sich dynamisch verteuert und eine Tankfüllung € 100 bis 150 kostet, wird ein Spritverbrenner zum Auslaufmodell. Zudem greift der Wettbewerb. Ab 2025 kommen attraktive, bezahlbare E-Modelle der € 25.000-Klasse mit Stromkosten von nur € 5/100 km auf den Markt (u. a. VW ID. 2, Cupra Raval, Renault 5, Tesla Model „2“).
Die Politik ist dabei angehalten, die Transformation nicht nur ökologisch, sondern auch sozialverträglich puffernd auszugestalten. Dazu gehören mehrjährige Übergangsphasen (Bsp.: Wärmewende), gezielte Förderungen (Bsp.: Balkonkraftwerke), bezahlbare Strompreise (Bsp.: Entfall EEG-Umlage seit 01.07.2022), eine faire Aufteilung der CO2-Preisanteile bei der Heizkostenabrechnung zwischen Vermieter und Mieter (seit 01.01.2023 geltendes Recht) und ein sog. Klimageld (Plan 2025), das mit staatlichen CO2-Einnahmen finanziert wird. Letzteres entlastet mit einer jährlichen Pro-Kopf-Auszahlung insbesondere Familien und Haushalte der unteren und mittleren Verdienstgruppen, die einen deutlich höheren Anteil ihres verfügbaren Einkommens für Energie aufwenden müssen. Zudem haben Mieter weniger unmittelbare Handlungsalternativen wie ein besser gedämmtes Wohngebäude (Eigentümerverantwortung) oder Dachflächen-PV zur Stromerzeugung.
Die erstrebenswerte Perspektive 2030+ für unsere Region mit neuer Lebensqualität ist jedenfalls schon in Sicht. Denn im Vergleich zu heute – in einem Ballungsgebiet mit häufig mäßiger Luftqualität durch Schadstoffemissionen aus der belasteten Tiefebene (Industrie, Autobahnen, fossile Heizquellen) und viel motorisiertem Verkehr auf unseren Ortsdurchgangsstraßen sowie der B3 – werden wir deutlich sauberere, gesunde Luft haben und es wird angenehm ruhiger.
Inwiefern? Der Strom stammt primär aus heimischen, regenerativen Energien (2010: 17 %, 2023: 56 %, 2030: > 80 %). Auch ältere Kaminöfen bekommen Feinstaubfilter (Nachrüstung 2025). Das nahe Steinkohlekraftwerk Mannheim, eines der Größten in Deutschland mit enormen Luftschadstoffemissionen (CO2, Stickstoffoxide, Schwefeldioxide, Feinstaub), geht außer Betrieb (2030/2034). Öl- und Gasheizungen werden, wie bereits beim Neubau, durch Erneuerbaren Heizenergiequellen verdrängt (siehe Erd-/Luftwärmepumpen, Solarthermie, Nah-/Fernwärme, Biogas). Die benachbarte SAP drückt beim Klimaschutz bei 27.000 Mitarbeiterfirmenwagen aufs Tempo und lässt bereits 2025 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zu. Die Autohersteller steigen aus dem Verbrennungsmotor aus (u. a. Citroen DS 2025, Opel 2028, Fiat, Ford, Mini, Volvo 2030). Das Verbrenner-Verkaufsverbot ist europaweit in Kraft (2035) und der Autoverkehr auch in unserer Region wird dann elektrifiziert lokal emissionsfrei und leise (2023: 5 %, 2030: > 20 %, 2040: > 60 %).
Gerade im Wandel zeigt sich: In unserer Region ist Zukunft zuhause!
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